Von Mann und Weib und ihrem Schmucke…

Dieses Blog soll nicht nur Image-Präsentation und Information liefern, sondern – zumindest ist so meine Hoffnung – auch als Diskussionsanregung dienen.

Mich treibt seit einiger Zeit eine Frage um, die – natürlich – mal wieder etwas mit Authentizität zu tun hat. Na, sagen wir mal, mit „stimmiger Darstellung“, dann muß ich in diesem Beitrag das böse A-Wort nicht so häufig verwenden.
Wer sich auf dieser Seite umgesehen hat, wird unweigerlich festgestellt haben, daß wir mitnichten eine feste Grabdarstellung anstreben, d.h. es gibt nicht „das eine Grab“ in Birka, das wir nachstellen. Trotzdem möchten wir eine einigermaßen stimmige Darstellung haben. Und dazu gehört meiner Meinung nach, daß man sich soweit möglich an Dinge hält, die in Gräbern gefunden wurden, besonders beim Schmuck. (In allen nachfolgenden Behauptungen gehe ich von Birka-Fundlage aus, nicht Haithabu oder andere Orte. Alle Angaben meines Wissens nach, korrigiert mich gerne mit Angabe der Grabnummer, wenn ich irgendwo falsch liege!)

Jetzt die Gretchenfrage: Wie streng sollte man auf das Geschlecht des Begrabenen achten?

In einigen Fällen scheinen die Dinge recht klar: Schalenfibeln wurden nur in Frauengräbern gefunden. Schwerter und Schildzubehör gelten als sicheres Indiz für Männergräber – weibliche Bestattete gelten in den Publikationen als „Sekundärbestattung“. Hiebmesser hingegen wurden – soweit man das sagen kann – nur in Männer- oder Doppelgräbern gefunden. Aber was ist mit der großen Grauzone dazwischen?

  • Gürtelzubehör zum Beispiel ist für Frauengräber nicht häufig, aber doch gefunden worden.
  • Es gibt nicht *eine einzige* Kleeblatt- oder Scheibenfibel in einem Männergrab. Insbesondere die häufig reproduzierten Fibeln sind allesamt aus Frauengräbern.
  • Thorshämmer sind – abgesehen von eisernen Thorshammerringen, die womöglich sogar als spiritueller Schutzring um den Leichenbrand in der Urne plaziert wurden – auch nicht in Männergräbern gefunden worden. Dieser Umstand ist mittlerweile ja allgemein bekannt und sorgt für viel (meist heimliche) Erheiterung bei „A-Päpsten“ – „schau mal, der trägt Weiberschmuck!“.
  • Silberverzierung am Gebrauchsmesser: Frauenkram.
  • „Gürtelgebamsel“ wie Feuerstähle: Auch nicht ganz unproblematisch.
  • Die kleinen Bronzeanhänger mit Götter- oder Kriegerdarstellungen: Tendenziell eher aus Frauengräbern.
  • Was ist mit Brettchenborte? Was mit Posamenten?

Was haltet Ihr, liebe Leser, von diesen Unterscheidungen? Gebt Ihr darauf acht oder ist Euch das egal?

8 Gedanken zu „Von Mann und Weib und ihrem Schmucke…

  1. Moinsen, wir (meine bessere Hälfte und ich) machen auch Birka, und haben uns – ebenfalls wie ihr – nicht auf ein Grab festgelegt. Dafür achten wir aber schon drauf, dass wir „geschlechtsspezifische“ Bestandteile haben. Ich würde nie mit ner Gürteltasche herumrennen (auch mit einem Gürtel nicht, dafür ist mir die Fundlage zu mau), und trage auch nicht die allseits beliebte Mütze mit Mützenspitze.
    Dafür hat Alrik Thorshammerverbot, trägt natürlich keine Kleeblattfibeln und darf auch keine Schlüssel besitzen (auch wenn einige wenige Funde Männern zugeordnet werden).

    Bei broschierten Borten sieht es ein wenig anders aus. Wurden ja in Männer- wie auch Frauengräbern gefunden, und da darf dann schon mal eine Borte aus einem Männergrab auch mal eine Frauenkleidung schmücken. Irgendwie sehe ich es da nicht ganz so ernst.

  2. Oh ja, schwierige Fragen, die Du da stellst. 😀 Ich habe mich bei der Wahl meiner Darstellung als ich noch richtig aktiv war auf Birka festgelegt, weil die Gruppe, in der ich war Birka machte. Allerdings fiel mir dann erst später auf, daß auch hier so einige Sachen gar nicht „A“ waren. 😉 Grundsätzlich gehörte ich wohl einer so einer Zwischenfraktion an. Momentan bereite ich Schritt für für Schritt eine „neue“ Birka Darstellung vor und update daher meine Klamotte. Vielleicht fahre ich auch irgendwann mal wieder auf Märkte. Schön wärs.
    Meine alten Schalenfibeln z.B. waren handgefertigte Einzelstücke. Ich habe diese, schweren Herzens, nun gegen neue Birka-konforme ersetzt, weil solche Einzelstücke einfach nicht zur Fundlage passen im 10. Jh.
    Andererseits habe und trage ich einen Gürtel mit (sehr wenigen) Birka Beschlägen. Allerdings eher aus Tragekomfort Gründen. Ich beschäftige mich momentan mit Gürteln in Frauengräbern. Komme aber aus Zeitgründen momentan nicht dazu das Material richtig zu sichten und was Sinnvolles zu schreiben.
    Meine Gürteltasche werde ich außerdem hoffentlich gegen so ein schönes Bügeltaschenmodell tauschen können wie es auf Asruns Blog zu sehen ist.

    Generell finde ich eine eindeutige Einteilung bei Männer- und Frauenbeigaben aus archäologischer Sicht schwierig, weil die Gräber in Birka wie vielerorts nach alten Methoden bestimmt worden sind. In Birka etwa sind z.B. Gräber nach Beigaben geschlechtsspezifisch bestimmt worden. Eine große Anzahl Glasperlen wird zum Beispiel, sofern nicht weitere Beigaben darauf hindeuten, in der Regel als Zeichen für ein Frauengrab gewertet. Ein schöner Kurzvergleich von Thorben dem Glasperlenmacher in seinem Büchlein zeigt, daß die Perlendichte in Männergräbern in Uppland, der Nachbarregion zu Birka, wesentlich höher ist. Selbst, wenn man Sonderfälle mit Prunkketten herausrechnet. In Gegensatz zu Birka sind die Gräber in Uppland eingehend osteologisch und genetisch nachuntersucht worden. Stellt sich die Frage, ob die Mode in Uppland wirklich komplett anders war, oder ob es sich bei einigen Birkagräbern nicht doch um Männer handelt…
    Solange man aber über Birka nichts besseres weiß, würde ich versuchen mich an die bisher publizierten Dinge zu halten.

    Das Problem mit dem Männerschmuck stellt sich mir zur Zeit noch nicht aktiv, da mein Freund (noch) keine Dartstellung macht. Schlüssel und Kleeblattfibeln würde ich ihm aber auch sofort verbieten. 😀 Glasperlen hingegen würde ich unproblematisch finden, sofern es sich um eine kleine Kette handelt. Feuerstahl würde ich in der Tasche aufbewahren.

  3. Auch wir halten es wie ihr. Birkadarstellung, aber kein spezielles Grab. Allerdings versuchen wir schon, unsere Gewandung einigermaßen stimmig hinzubekommen. Bei den wenigen Belegen auf meinen Gürteln habe ich drauf geachtet, dass solche in Birka gefunden wurden. Meine Gürteltasche ist von Form und Beschlägen her eine Magyarentasche, wie sie auch ähnlich in Birka gefunden wurde. Ich habe meine protzige, über und über mit Perlen und Bronzeamuletten behangene Halskette gegen eine einfache mit nur zwei Perlen und einem Anhänger, welcher auch in Birka gefunden wurde ausgetauscht. Einen Thorshammer trage ich aus persönlichen Gründen immer um den Hals. In Gewandung verschwindet der allerdings unter der Tunika, da früher wohl schon reiner Frauenschmuck. Kleeblattfibeln trage ich gar nicht. Eigentlich benutze ich lediglich Rundfibeln, um den Rechteckmantel zusammenzuhalten. Ninas Schalenfibeln sind nach Fund Schwarze Erde, sie schneidert auch ihre Trägerkleider nach Fundinterpretationen. Allerdings sind die Perlen, welche zwischen den Fibeln hängen nach Aussehen und nicht nach Fund angeschafft worden. Die Gerätefibel, an welche ihre Schere hängt ist allerdings wieder nach Fund Birka gefertigt. Auch ihre Kleeblattfibel.
    Mein Sax und mein Gebrauchsmesser sind allerdings gotländisch und mein Messer inkl. Scheide wohl aus einem Frauengrab. Die Haken meiner Wadenwickel sind wohl eher slawisch (Chernikov, PL). Da kann ich als Mitglied einer Völkergruppe, die im Osten Handel betrieb gut leben. Und auch Gotland ist jetzt nicht so weit von Birka entfernt. Ausserdem gibt es so immer mal wieder was zu verbessern oder auszutauschen. Auch wir sind ja erst vor knapp 2 Jahren von den HoMis zu den Wikis gewechselt und daher ganz zufrieden mit dem, was wir bisher so darstellungsmäßig auf die Reihe bekommen haben.

  4. Hallo!
    Ich habe beim Stöbern diesen tollen Blog gefunden und habe eine (typisch Anfänger) Frage: ich habe schon bemerkt, dass zwischen Birka und Uppland, obwohl geografisch nahe, durchaus Unterschiede bestehen. Gibt es vernünftige Lektüre/Dokumentation zu Uppland um ca. 1066 (Ende der Ynglinge), das wäre nämlich die Zeit, wo wir hin wollen. Ich konnte zwar etliches über Birka und Haithabu finden, aber das ist die falsche Gegend und die falsche Zeit. Vielen lieben Dank!!!

    • Also, zu Uppland, 11. Jhdt. habe ich leider wenig Ahnung. Ich weiß, daß Uppsala als Bischofssitz eine wichtige Location war, aber damit erschöpft es sich schon. Im 11. Jahrhundert war auch Sigtuna eine wichtige Stadt, daher würde ich einfach mal auf gut Glück nach Funden aus Sigtuna beim SHM suchen. ..

  5. Hallo! Ich fange gerade erst an mit der Darstellung und habe mich aus dem Bauch heraus für Birka entschieden. Dann einiges gelesen und werde dabei bleiben. Dabei scheint wohl mein erster und einziger bisheriger Gegenstand – ein Gürtel – ein Fehlgriff gewesen zu sein 😝
    Momentan bereitet mir mein Trägerrock etwas Kopfzerbrechen … muss der ganz gerade sein oder ist etwas tailliert möglich oder ein Keil? Könntet ihr mir da mal ein Foto zeigen bitte. Ich bemühe mich um größt mögliche Authentizität- mein Lebensgefährte wird mich hassen, wenn ich ihm sage er bekommt keinen Thorhammer (den will er eigentlich unbedingt). Aber ich denke mir wenn schon, dann ordentlich. Wie ist es denn mit den Stoffen – ich dachte für den Herbst an einen leichten Wollstoff für den Trägerock. Oh weh … so viele Fragen 😱

    • Eine Taillierung über Abnäher ist vermutlich kein Problem, wenn auch eher unüblich. Keile gehen (Funde gibt’s aus Birka so oder so praktisch nicht, zumindest nicht von irgendetwas anderem als den Schlaufen). Ich finde diese Webseite sehr hilfreich, die „Booklets“ enthalten auch Schnittmuster und fast immer recht zuverlässige Quellen: http://vikingageclothing.susannabroome.se

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