Anno 1280 – so war’s

Am 07.06.12 ging es für uns kurz nach dem Frühstück an’s Fertigpacken des Wagens (wie immer eine Art Tetris für Fortgeschrittene) und dann auf „große Fahrt“. Ganze 15 Minuten von unserer Wohnung entfernt wurde dann aufgebaut. Neuer Rekord! Eine so kurze Anfahrt zu einem Markt hatten wir noch nie.
Das Gelände vom Anno 1280 wird dem Veranstalter vom Bauern Kruse zur Verfügung gestellt. Eine wunderschöne, große Wiese mit altem Baumbestand und einem riesigen See. Optisch also absolut idyllisch.
Da wir zu den ersten Aufbauwilligen zählten, konnten wir uns den Lagerplatz fast noch aussuchen und hatten eine nette, kleine Nische direkt am Teich ergattert. Sehr, sehr hübsch, aber wie sich später noch herausstellte: Nicht unproblematisch.
Für das Wochenende war Regen angesagt und wir spekulierten darauf, auf der Anhöhe zumindest keine nassen Füße zu bekommen.
Noch während des Aufbaus stellte sich der Veranstalter persönlich bei uns vor, erzählte etwas von sich, dem Plan und erkundigte sich, wer wir überhaupt sind und wie wir auf Anno 1280 aufmerksam geworden sind. Das fand ich sehr nett. Bei gewissen Großveranstaltern wird man nicht mal mit dem Hintern angeschaut und hier wird sich sogar vorgestellt!


Nach und nach trudelten auch die anderen Heerlager ein und es offenbahrte sich der familiäre Charakter der Veranstaltung: Kaum traf jemand ein, wurde Hilfe beim Aufbau angeboten.
Diese Hilfe nahmen auch wir selbst dankend an, als sich die Kehrseite unser Lagerplatz-Medaille zeigte: Wir lagerten extrem windanfällig. Und windig war es definitiv!
Leider stand unser Zelt auch so ungünstig in der steifen Brise, dass der Wind voll reinlief und die (ohne Aufpreis mit dem Zelt mitgelieferten) Holzheringe keine Chance mehr hatten. Das Zelt fiel. Und die Spitzen der Masten, die im Querpfosten stecken, brachen ab. Suuuuper.
Jeder, der schon mal versucht hat, mit einem Taschenmesser Stämme spitz zu schnitzen, freut sich über Nachbarn mit Machete und dem Hang zur rustikalen Problemlösung.
Das Zelt stand mit zwei Paar Händen mehr deutlich schneller wieder, als wir es allein geschafft hätten und man verabredete sich zum abendlichen Bierchen. (Und ein Date mit dem Schmied stand auch: 20 schwere Heringe bitte!)
Fassen wir also zusammen: Es gab herzliche, tolle, tatkräftige Heerlager und einen guten Schmied.
Die Versorger waren zahlreich vorhanden und boten die typischen Dinge an (die gebackenen Apfelringe sind sehr empfehlenswert); das Angebot der Händler war überwiegend touristisch ausgelegt. Etwas Individuelleres wurde von einigen Polen angeboten, die hauptsächlich zum Musizieren dort waren und ihre Waren nur zum Antesten mitgebracht hatten. Bei denen haben wir einige schöne (und günstige) Glas- und Silberperlen gekauft und polnische Piroggen probiert.
Das Marktprogramm (am Samstag und Sonntag) unterschied sich nicht sonderlich von dem anderer Märkte. Die Dreifaltigkeit des Mittelaltermarkts aus Markteröffnung, Heerlagerumzug und Pestumzug wurde eingehalten – wenn auch vielleicht in etwas epischerer Breite als notwendig gewesen wäre. Und voll war es – laut Veranstalterangaben über 8000 Besucher auf dem – im Vergleich etwa zu Öjendorf recht kleinen – Gelände. Das Wetter spielte bis auf den Wind auch an beiden Tagen klaglos mit – mehr als vielleicht ein Dutzend Regentropfen fiel von Freitag bis Sonntag nicht.
Dafür – und hier kommt ein echter Lichtblick – wird beim Anno 1280 (fast) komplett auf Verstärker, E-Gitarren oder sonstiges Rock-Gedöhns verzichtet. Es geht eher klassisch ab und es fehlt einem wirklich nichts. Die polnischen Musikanten von Tryzna zogen in regelmäßigen Abständen musizierend über den Markt und tröteten, daß es eine wahre Freude war. Und die Abwesenheit tausender SaMo-Fans (und -Bandmitglieder!) war auch eine angenehme Abwechslung.
Trotz unseres etwas abgelegenen (aber wunderschönen!) Lagerplatzes und dem Ruf, ein fragiles Zelt zu besitzen, mangelte es uns nicht an Besuch. Und so hatten wir nach und nach wirklich JEDES Heerlager bei und zu Gast und neben zahlreichen interessierten und tolle Fragen stellenden Besuchern, wurden wir auch mehrfach von Journalisten der Lokalzeitungen interviewt und fanden uns so mit Bild in einigen Zeitungen (NW und Westfalenblatt) wieder.
Es war also ein sehr gemütlicher, wenn auch nervig windiger, Markt und ein tolles Erholungsprogramm, wenn man vorher nur große Märkte bereist hat.
Wir haben viele Interessante Kontakte geknüpft, die uns hoffentlich aus dem Reenactment-Vakuum herausführen, in dem wir uns bisher zu befinden glaubten.
Wer gemütlich (und besonders familienfreundlich) lagern möchte und nicht an jedes Heerlager einen extrem hohen A-Anspruch stellt, dem sei Anno 1280 wärmstens empfohlen!

Ein Gedanke zu „Anno 1280 – so war’s

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